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Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
Beschluss verkündet am 11.09.2007
Aktenzeichen: 10 W 23/07
Rechtsgebiete: ZPO, JVEG
Vorschriften:
ZPO § 406 | |
JVEG § 8 | |
JVEG § 19 |
Oberlandesgericht Stuttgart 10. Zivilsenat Beschluss
Geschäftsnummer: 10 W 23/07
11. September 2007
In dem Rechtsstreit
wegen selbständiges Beweisverfahren
hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgericht Stuttgart unter Mitwirkung
des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Dr. Orlowsky, des Richters am Oberlandesgericht Dr. Hoffmann und des Richters am Oberlandesgericht Rast
beschlossen:
Tenor:
1. Die Entschädigung des Sachverständigen für seine Vernehmung durch den Senat am 21.5.2007 im Rahmen des Beschwerdeverfahrens über das Ablehnungsgesuch der Antragsgegner gegen den Sachverständigen wird auf 176,50 € festgesetzt.
2. Das Festsetzungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
In dem selbständigen Beweisverfahren des Landgerichts Ulm, AZ: 4 OH 7/06 war Dipl.-Ingenieur (FH) F. mit Beschluss vom 4.9.2006 zum Sachverständigen bestellt worden. Nach Vorlage seines schriftlichen Gutachtens wurde von den Antragsgegnern gegen den Sachverständigen ein Ablehnungsgesuch eingereicht, das mit Beschluss des Landgerichts Ulm vom 7.3.2007 für unbegründet erklärt wurde. Auf die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat der Senat Termin anberaumt und neben dem Zeugen U. gemäß § 273 ZPO den Sachverständigen zu folgendem Thema geladen: "Anhörung zum Befangenheitsantrag: Inhalt des Telefongesprächs mit Dipl.Ing. U.". Nach Anhörung des Zeugen U. und des Sachverständigen zum Inhalt der Telefongespräche zwischen dem Zeugen und dem Sachverständigen hat der Sachverständige mit Schreiben vom 23.5.2007 eine Vergütung in Höhe von insgesamt 1.049,42 €, darunter 3,75 Stunden Aktenstudium und 6,5 Stunden Gerichtstermin zu je 75,-- € sowie Fahrt- und Reisekosten in Höhe von 79,50 €, geltend gemacht.
Der Senat hat darauf hingewiesen, dass eine Entschädigung des Sachverständigen entsprechend der Entschädigungsvorschriften für Zeugen in Betracht komme. Der Sachverständige und die Bezirksrevisorin haben hierzu Stellung genommen.
II.
Der Senat hält die gerichtliche Festsetzung der Ansprüche des Sachverständigen aufgrund seiner Anhörung im Beschwerdeverfahren über das gegen den Sachverständigen gerichtete Ablehnungsgesuch gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 letzte Variante JVEG für angemessen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat der Einzelrichter mit Beschluss vom heutigen Tag das Verfahren gemäß § 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG dem Senat zur Entscheidung übertragen.
Der Senat teilt die mehrheitlich vertretene Auffassung, dass der Sachverständige für die gerichtlich erbetene Stellungnahme zu einem gegen ihn gerichteten Ablehnungsgesuch einer Partei grundsätzlich keine Entschädigung erhält, da die zu entschädigende Leistung des Sachverständigen in der schriftlichen oder mündlichen Erstattung des Gutachtens besteht (OLG Düsseldorf MDR 1994, 1050, OLG Köln, VersR 1995, 1508; OLG München MDR 1994, 1050).
Nach dieser auf den Gegenstand der Tätigkeit des Sachverständigen abstellenden, sich am Wortlaut des JVEG orientierenden überzeugenden Auffassung scheidet grundsätzlich auch eine Vergütung des Sachverständigen für seine Anhörung im Rahmen des Ablehnungsverfahrens aus, weil es sich dabei nicht um eine die Gutachtenerstellung unterstützende Tätigkeit gehandelt hat. Eine Ausnahme hiervon hält der Senat dann für gerechtfertigt, wenn die Anhörung des Sachverständigen für eine sachgerechte Entscheidung über die Ablehnungsbeschwerde zwingend erforderlich ist und der Sachverständige wie ein Zeuge zu eigenen Wahrnehmungen angehört wird.
a) Zwar wurde der Sachverständige vom Senat nicht als Zeuge geladen und ihm als Sachverständigen stand es frei, ob er sich zu dem gegen ihn gerichteten Ablehnungsgesuch äußert (Zöller-Greger, ZPO 26. Aufl., § 406 RN 12a). Vorliegend bedurfte es der Anhörung des Sachverständigen, weil dies für die sachliche Prüfung der Beschwerde gegen die Ablehnung des Befangenheitsgesuchs der Antragsgegner zwingend erforderlich war. Nur so war dem Senat eine umfassende Würdigung zur Behauptung der Antragsgegner, der Sachverständige habe Angaben Dritter unrichtig in seinem schriftlichen Gutachten wiedergegeben, möglich. Dementsprechend wurde vom Senat mit Verfügung vom 20.4.2007 die Ladung des Sachverständigen unter Hinweis auf die Anhörung zum Befangenheitsantrag angeordnet, ohne dem Sachverständigen jedoch das Erscheinen ausdrücklich freizustellen.
b) Die Anhörung des Sachverständigen im Rahmen des Beschwerdeverfahrens durch den Senat beschränkte sich allein auf bestimmte Wahrnehmungen des Sachverständigen, nämlich den Inhalt von Telefonaten mit Dritten. Gegenstand der Anhörung des Sachverständigen war daher die Bekundung von Wahrnehmungen, die typischerweise Gegenstand eines Zeugenbeweises sind, auch wenn diese Wahrnehmungen in der Folge Anknüpfungstatsachen für sachverständige Wertungen sein können, die aber für die Anhörung des Senats im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ohne Belang waren. Der Gegenstand der Anhörung des Sachverständigen rechtfertigt es, auf dessen Anhörung die Vorschriften über die Entschädigung von Zeugen entsprechend anzuwenden und ihm gemäß § 19 JVEG eine Entschädigung zu gewähren. Der Sachverständige hat vergleichbar mit einem Zeugen seine persönliche Anhörung zu eigenen Wahrnehmungen auch während des Gutachtenauftrags nicht entschädigungslos hinzunehmen. Angesichts des Umfangs einer nach § 19 JVEG zu berechnenden Entschädigung kann bei der persönlichen Anhörung des Sachverständigen nicht mehr angenommen werden, dieser Aufwand werde von der Sachverständigenvergütung mit umfasst.
2.
Dem Sachverständigen steht danach ein Entschädigungsanspruch in Höhe von 176,50 € zu.
Für das Aktenstudium mit dem Durchlesen von Gutachten / Unterlagen, die der Sachverständige mit 3,75 Stunden angesetzt hat, ist ihm eine Entschädigung nicht zu gewähren. Zwar ist einem Zeugen auch derjenige Zeitaufwand zu ersetzen, den er benötigt, um sich sachkundig zu machen (Hartmann, Kostengesetze 37. Aufl., § 22 JVEG RN 4 und 5). Es ist jedoch nicht ausreichend dargelegt oder ersichtlich, dass ein solcher Aufwand angesichts des beschränkten Beweisthemas, nämlich Inhalt der Telefongespräche mit dem Zeugen U., erforderlich war. Letztlich musste der Sachverständige insoweit nur sein Gedächtnis anstrengen und eventuelle Notizen zu den beiden Telefongesprächen durchsehen.
Für die Wahrnehmung des Gerichtstermins steht dem Sachverständigen gemäß §§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, 22 JVEG analog eine Entschädigung für Verdienstausfall zu. Angesichts der selbständigen Tätigkeit im Rahmen des Ingenieurbüros F.. und S., der der Sachverständige nachgeht, ist ihm für die geltend gemachten 6,5 Stunden eine Entschädigung von 17,-- € je Stunde gemäß § 22 Satz 1 JVEG zuzugestehen, so dass sich insoweit eine Entschädigung in Höhe von 102,-- € ergibt.
Abweichend zur Entschädigungshöhe eines Sachverständigen kann er im Rahmen des Fahrtkostenersatzes nach §§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG entsprechend einem Zeugen nur 0,25 € pro Kilometer für die Abgeltung der Fahrtkosten mit einem privaten Kraftfahrzeug geltend machen, so dass an Fahrtkosten für den Pkw zwischen Aalen und Heidenheim 12,50 € anzusetzen sind. Mit Parkgebühren, Taxigebühren und Bahnticket betragen danach die zu entschädigenden Fahrtkosten 74,50 €, so dass mit der Entschädigung für Verdienstausfall sich der festgesetzte Betrag von 176,50 € ergibt.
Bei einer Entschädigung entsprechend den Regelungen für Zeugen ist hierauf eine Umsatzsteuer nicht festzusetzen (Maier / Höfer / Bach, JVEG 23. Aufl., RN 12.28 unter d).
3.
Der Kostenentscheidung liegt § 4 Abs. 8 JVEG zugrunde.
Ende der Entscheidung
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